Auf der Rechtsgrundlage des Wachstumschancengesetzes v. 27.3.2024 (BGBl 2024 I Nr. 108) wurde § 14 des deutschen Umsatzsteuergesetztes in diesem Jahr grundlegend geändert. Mit der Neufassung des § 14 UStG gilt offiziell ab dem 1. Januar 2025 ein neuer Rechnungsstandard für im Inland ansässige Unternehmer im B2B Geschäftsalltag. Die Einführung des neuen Rechnungsstandards in Deutschland wird von einem Regelwerk an Übergangsbestimmungen flankiert, die den Unternehmen eine schrittweise Anpassung ermöglichen sollen. Trotz der bereits kodifizierten neu definierten Rechnungsbegriffe und Übergangsregelungen stehen gegenwärtig noch eine Reihe von Rechtsfragen im Raum, deren abschließende Klärung aussteht und bei vielen Unternehmern Unsicherheit in Bezug auf prozessuale und technische Implementierungsfragen hervorruft.
EU-Kontext:
Die Einführung der E-Rechnung in Deutschland steht im Kontext umfassender Digitalisierungsinitiativen der Europäischen Union, darunter die bedeutende VIDA-Initiative („VAT in the Digital Age„). Die VIDA-Initiative und damit auch die Bestrebungen zur Einführung der E-Rechnung zielen vornehmlich auf die Bekämpfung von Steuerbetrug im Wege einer verbesserten und effizienteren Steuererhebung innerhalb der EU ab. Im Detail ist gegenwärtig zwar noch unklar, wie die Meldesysteme für innergemeinschaftliche Transaktionen flankiert durch den Einsatz des neuen Rechnungsstandards „E-Rechnung“ konkret ausgestaltet werden. Der deutsche Gesetzgeber verpflichtet sich hingegen schon heute mit dem Wachstumschancengesetz v. 27.3.2024 (BGBl 2024 I Nr. 108) und der Neufassung des § 14 UStG auf nationaler Ebene zur Einführung der E-Rechnung – wenn auch mit Übergangsfristen – als Rechnungsstandard für B2B Inlandsumsätze ab 1. Januar 2025.
Begriffsdefinition E-Rechnung:
Der Begriff der elektronischen Rechnung (E-Rechnung) wird nach den Regelungen des deutschen Umsatzsteuergesetzes mit 1. Januar 2025 deutlich enger gefasst als bisher. Nach dem zukünftig geltenden Begriffsverständnis gilt eine Rechnung nur dann als E-Rechnung, sofern die Rechnung in einem strukturierten elektronischen Format ausgestellt, übermittelt und empfangen werden kann und diese eine automatische und elektronische Verarbeitung ermöglicht. Die Rechnung muss zur Qualifizierung als E-Rechnung die Anforderungen der EU-Richtlinie 2014/55/EU erfüllen. Lt. dem Entwurfsschreiben des BMF v. 13.06.2024 werden die von der EU-Richtlinie geforderten Formatanforderungen unteranderem von dem Format XRechnung (rein strukturiertes Format ohne bildhafte Datenteil) als auch von dem Format ZUGFeRD ab der Version 2.0.1 (hybrides Format bestehend aus strukturierten und bildhaften Datenteil) erfüllt. Nicht strukturierte elektronischen Dateien, wie zum Beispiel bloße PDF-Dateien, qualifizieren ab dem 1. Januar 2025 nicht mehr als elektronische Rechnung im Sinne des deutschen Umsatzsteuergesetzes (fortan: „Sonstige Rechnung“), auch wenn sie die vom Umsatzsteuergesetz geforderten Mindestangaben enthalten.
Implikationen für Unternehmer, Übergangsfristen:
Ab dem 1. Januar 2025 müssen inländische Unternehmen, unabhängig davon, ob sie selbst elektronische Rechnungen gemäß dem neuen Begriffsverständnis (E-Rechnung) ausstellen, in der Lage sein, strukturierte Rechnungen zu empfangen. Auch wenn derzeit noch uneinheitlich diskutiert wird, inwieweit ab diesem Zeitpunkt auch eine gesetzliche Pflicht zur Weiterverarbeitung der E-Rechnungen besteht, sind viele Unternehmen im Hinblick auf Themen wie Rechnungsfreigaben, Abwicklung des Zahlungsverkehrs oder Buchhaltungsarbeiten angehalten, die notwendigen prozessualen und technischen Voraussetzungen für die Weiterverarbeitung von E-Rechnungen bis spätestens Ende 2024 schaffen.
Grundsätzlich gilt die E-Rechnungspflicht ab 1. Januar 2025 auch im Hinblick auf Ausgangsumsätze bei B2B Geschäften, soweit leistender Unternehmer und leistungsempfangender Unternehmer im Inland ansässig sind. Für die Umstellung auf das neue Rechnungsformat sieht der Gesetzgeber allerdings die folgenden drei Übergangszeiträume vor:
Im Zeitraum 1. Januar 2025 bis 31. Dezember 2026 können für erbrachte Leistungen weiterhin Papierrechnungen und Rechnungen in elektronischen Formaten, die nicht den oben genannten Formatanforderungen genügen, von inländischen Unternehmern im B2B Geschäftsleben ausgestellt werden. Bei Rechnungen in anderen elektronischen Formaten (bsp. nicht strukturierte PDF-Dateien) ist zu beachten, dass die (konkludente) Zustimmung des Rechnungsempfängers erforderlich ist.
Für den Zeitraum 1. Januar 2027 bis 31. Dezember 2027 gilt diese Regelung weiterhin, vorausgesetzt der Gesamtumsatz des Unternehmers lag im vorherigen Jahr unter 800.000 Euro. Andernfalls besteht für den Unternehmer grundsätzlich bereits ab dem 1. Januar 2027 die Pflicht zur Ausstellung einer E-Rechnung.
Ab dem 1. Januar 2028 enden die Übergangsregelungen und die E-Rechnungspflicht gilt uneingeschränkt – vorbehaltlich etwaiger Sonderregelungen (bsp. Kleinbetragsrechnungen, steuerfreie Ausgangsumsätze) – im B2B-Bereich, soweit leistender Unternehmer und leistungsempfangender Unternehmer im Inland ansässig sind.
Derzeit sind noch mehrere Rechtsfragen im Zusammenhang mit dem Themenkomplex E-Rechnung , deren abschließende Klärung aussteht. Fraglich ist unteranderem – insbesondere für Zeiten nach Auslaufen der Übergangsregelungen – ob dem leistungsempfangenden Unternehmer mit Sitz im Inland der Vorsteuerabzug versagt werden kann, sollte er eine sonstige Rechnung von einem Unternehmer mit Sitz im Ausland unter Verwendung einer deutschen USt-ID Nr. ausgestellt bekommen. Bei der Verwendung hybrider Rechnungsformate besteht weiterhin im Falle von nicht deckungsgleich ausgestellten strukturierten und bildhaften Datenteilen ein Risiko i.S.d. § 14c UStG. Fraglich ist daher, ob bereits geringfügige Abweichungen (konkretisierende/ergänzende Informationen) zwangsläufig zu einer zusätzlichen dem § 14c UStG unterliegenden Rechnung führen oder ob der Gesetzgeber bzw. die Finanzverwaltung in der nahen Zukunft noch für eine differenzierte Betrachtung plädiert.
Unser Engagement für Ihre Steuerfragen:
Als Steuerberatungskanzlei sind wir gleich in zweierlei Hinsicht unmittelbar von den o.g. Gesetzesänderungen betroffen. Zum einen müssen wir als ein von über 3 Millionen Unternehmen in Deutschland sicherstellen, dass wir innerhalb unserer Kanzlei adäquate prozessuale und technische Voraussetzung für Empfang, Versand und Weiterverarbeitung des neuen Rechnungsstandards schaffen. Zum anderen zählt es als Steuerberater aber auch zu unseren Aufgaben, unsere Mandanten bei der Umstellung auf die neuen digitalen Rechnungsprozesse zu begleiten und sicherzustellen, dass diese den neuen gesetzlichen Anforderungen entsprechen. Dieser Aufgabe nehmen wir uns gerne an. Viele Fragen rund um den Themenkomplex E-Rechnung – siehe oben – sind bis dato noch nicht geklärt und werden aktuell von der Finanzverwaltung sowie den Berufsangehörigen und den Berufsvertretungsorganen des Berufsstandes der Steuerberater diskutiert. Selbstverständlich bleiben wir auch bei diesen streitigen Fragen stets wachsam und bemühen uns, immer auf dem neuesten Stand zu sein, um unsere Mandanten frühzeitig rechtssicher beraten zu können.
Die o.g. Ausführungen stellen allgemeine Informationen dar und können keine individuelle Beratung für spezifische Einzelfälle ersetzen. Die Informationen oben können daher nicht als Grundlage für Haftungsansprüche herangezogen werden (vgl. BGH, Urteil vom 11. Mai 1995, IX ZR 130/90; BStBK, Bundesrechtliches Handbuch, März 2024). Für Rückfragen sowie konkrete Handlungsempfehlungen im Einzelfall stehen Ihnen die Fachmitarbeiter unserer Kanzlei gerne zur Verfügung.